Den Tafeln in Hessen fehlt es an Lebensmitteln, Spenden und Ehrenamtlichen. Die Zahl der aktuell knapp 40.000 Bedarfsgemeinschaften, die Lebensmittel von den 58 hessischen Tafeln bekommen, sei in den vergangenen Jahren vor allem durch den Überfall Russlands auf die Ukraine um mehr als 30 Prozent gestiegen, sagte der Vorsitzende des Vereins Tafel Hessen, Willi Schmid, dem Evangelischen Pressedienst. Zugleich sei die Menge der zur Verfügung stehenden Lebensmittel um rund 40 Prozent gesunken. „Hier tut sich eine gewaltige Schere auf“, sagte Schmid.
Von den knapp 108.000 Menschen, die Kunden der Tafeln in Hessen sind, seien knapp 20.000 unter 14 Jahren, sagte Schmid und bezeichnete die Entwicklung als „dramatisch“. Mehr als die Hälfte der Tafeln führte eine Warteliste, rund 37 hätten sogar einen Aufnahmestopp verhängt.
Als Gründe nannte der Vorsitzende bessere Planungsmöglichkeiten der Supermärkte und Discounter für ihr Angebot, wodurch am Abend weniger übrigbleibe, sowie die sogenannten „Rettertüten“. Die Händler packten Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum kurz vor dem Ablauf ist, in Tüten und verkauften sie zu einem niedrigen Preis. „Wir verurteilen das nicht“, betonte Schmid, schließlich helfe dies, die Lebensmittel vor dem Wegwerfen zu retten, aber „sie landen nicht bei den Bedürftigen“.
Um mehr Lebensmittel verteilen zu können, haben laut Schmid die Landesverbände der Tafeln in Deutschland eine „Allianz zur Lebensmittelrettung“ gegründet und Kontakt zu den rund 2.500 Lebensmittelproduzenten in Deutschland aufgenommen. Dabei gehe es um Ware, die etwa wegen Fehldrucken auf Packungen oder Überkapazitäten nicht in den Handel kommt.
Der Start beim Pilotverband Hessen sei vielversprechend: In den ersten drei Monaten seien die Lebensmittelspenden um 30 Prozent angewachsen. „Unser Ziel ist es, die Lebensmittelspenden innerhalb von drei Jahren zu verdoppeln“, sagte Schmid. Die Großspenden sollen über einen festgelegten Schlüssel in Deutschland verteilt werden, weil die Lebensmittelproduzenten nicht gleichmäßig in den Bundesländern verteilt sind.
In Hessen holen fast 5.600 Ehrenamtliche Brot, Gemüse und Joghurt in den Läden ab, sortieren die Lebensmittel und verteilen sie an die Kunden. Die Ehrenamtlichen seien im Schnitt über 70 Jahre alt, es gebe „starken Bedarf“ an weiterer Hilfe, sagte Schmid. Einzelne Tafeln überlegten, Ausgaben am Nachmittag oder frühen Abend anzubieten, damit sich auch Berufstätige engagieren könnten.
Ein weiteres Problem sind die leeren Kassen. „35,2 Prozent der Tafeln haben uns gemeldet, dass sie zu wenig Spenden für den regelmäßigen Betrieb haben“, sagte Schmid. Im Schnitt benötige eine Tafel 75.000 Euro für den Betrieb, Strom, Benzin und anderes müssten finanziert werden.