Gutachten: Deutscher Gesundheitssektor krankt an Ineffizienz

Überlastetes Personal, zu viel Bürokratie, ineffiziente Strukturen: Im deutschen Gesundheitssektor sehen Gutachter zahlreiche Mängel. Mehr Fachkräfte allein sind aus ihrer Sicht nicht die Lösung.

Der Gesundheitsbereich ist aus Expertensicht hochgradig ineffizient. Viel Geld werde verbrannt, Fachkräfte seien überlastet, und der Bürger werde nicht zufriedenstellend versorgt. “Wir müssen mit der Verschwendung der Ressource Fachkräfte im Gesundheitsbereich aufhören”, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats Gesundheit & Pflege, Michael Hallek, am Donnerstag in Berlin. Ein reines Mehr an Personal löse das Problem nicht, so das Fazit des Rats in seinem Jahresgutachten.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht sich durch das Gutachten in seinen Plänen wie der Krankenhausreform oder der Reform der ambulanten Versorgung bestärkt. Zugleich legte er bei der Übergabe des Gutachtens den Fokus deutlich stärker als die Autoren auf den Mangel an Ärzten und Pflegekräften. Der Minister sprach von 140.000 Ärzten, die bis Ende der 2030er Jahre aus dem Beruf ausschieden, und 50.000, die erst gar nicht ausgebildet worden seien. Es brauche weniger Krankenhäuser, weniger Bürokratie in den Praxen und Kliniken, mehr Telemedizin und Prävention, so Lauterbach.

Aus Sicht der Sachverständigen ist der Fachkräftemangel nicht das Kernproblem. Im internationalen Vergleich sei die Zahl der Beschäftigten im Gesundheitsbereich relativ zur Einwohnerzahl in Deutschland eher in der Spitzengruppe. Anders sehe es pro behandeltem Fall aus. Dort lande Deutschland international gesehen nur im unteren Drittel. Das liegt nach Ansicht der Sachverständigen an einer hohen Zahl stationärer Patienten und einer langen Verweildauer im Krankenhaus. Auch gebe es in Deutschland mehr Teilzeitkräfte. Entsprechend brauche es viele Arbeitskräfte, um eine volle Stelle zu besetzen.

Das Gutachten der Sachverständigen legt vor diesem Hintergrund einen Schwerpunkt auf die Reform der Notfallversorgung insbesondere durch Notfallzentren sowie eine bessere, nicht so kleinteilige und heimatnahe ambulante Versorgung. Es brauche weniger unnötige Notfalleinsätze, weniger Aufnahmen im Krankenhaus sowie einen kürzeren Aufenthalt der Patienten in der Klinik. “Wir brauchen Kümmerer”, so Hallek. Das müsse nicht immer ein Arzt sein. Und auch die telemedizinische Versorgung müsste ausgeweitet werden.

Besonders in der stationären Kranken- und Altenpflege sei das Personal seit Jahren überlastet, ergänzte die Vize-Vorsitzende des Sachverständigenrats, Melanie Messer. Hier brauche es eine verlässliche Dienstplangestaltung und einen auskömmlichen Schichtplan. Auch Weiterbildungen etwa im Bereich der Medizinischen Fachkraft und bessere Aufstiegschancen seien wichtig. Um die Teilzeitquote zu senken, brauche es eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Grundsätzlich müsse die Arbeit attraktiver werden – in allen Bereichen im Gesundheitswesen. Pflegende sollten ihre Arbeit als leistbar erleben, so Hallek. Dann blieben sie auch gerne in ihrem Beruf oder seien bereit in einen ähnlichen Beruf im Gesundheitssektor zu wechseln, etwa von der Kranken- in die Altenpflege.