Deutsch-Israelische Gesellschaft ehrt Festivalleiter Gass

Nach dem Hamas-Überfall solidarisierte sich der Leiter der Kurzfilmtage in Oberhausen mit Israel. Seitdem wird Lars Henrik Gass im Netz angefeindet. Nun erfährt er selbst Unterstützung – in Form einer Auszeichnung.

Für seine Verdienste um die deutsch-israelischen Beziehungen wird der Leiter der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen mit der Ernst-Cramer-Medaille gewürdigt. “Wir ehren Lars Henrik Gass für seine Zivilcourage, seinen Anstand und für sein Rückgrat angesichts des antisemitischen Ressentiments”, teilte die Deutsch-Israelische Gesellschaft, die die Auszeichnung vergibt, am Montag in Berlin mit. Gass habe nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober “Flagge für Menschlichkeit und gegen Judenhass” gezeigt. Die Verleihung ist für den 8. Juni im Bremer Rathaus geplant. Die Lobrede soll der Politikwissenschaftler Wolfgang Kraushaar halten.

Die nach dem jüdischen Publizisten Ernst Cramer (1913-2010) benannte Medaille soll Persönlichkeiten in Israel und Deutschland würdigen, die sich “in besonderer Weise um die bilateralen Beziehungen beider Länder verdient gemacht haben”. Erster Preisträger war vor zehn Jahren der damalige israelische Staatspräsident Schimon Peres.

Festivalleiter Gass hatte zwei Wochen nach der Attacke der Hamas auf dem Facebook-Account der Kurzfilmtage zur Solidarität mit Israel aufgerufen. Seitdem laufe im Netz eine Kampagne gegen ihn, erklärte die Deutsch-Israelische Gesellschaft. Auch würden die Kurzfilmtage boykottiert und sein Rücktritt gefordert. Gass ist seit 1997 Leiter der Kurzfilmtage in Oberhausen. Die 70. Ausgabe des Festivals ist vom 1. bis zum 6. Mai geplant.

Zu einem Boykott des Festivals sagte Gass in einem Interview der “taz” (Montag), die Gesamtzahl der Einreichungen sei stabil geblieben. Man müsse aber zwischen institutionellen Absagen in Programmbereichen und solchen von einzelnen Filmemacherinnen und Filmemachern unterscheiden. So umfasse das Programm in der Sektion der Verleihe nur 6 Beiträge, obwohl 14 Plätze vorgesehen gewesen seien. In den Wettbewerben des Festivals habe hingegen kaum jemand abgesagt.

Der kulturelle Code, etwas gegen Israel zu haben, sei inzwischen Mainstream, so Gass. “Ohne dass man diesen Code reproduziert, indem man die Hand hebt oder unterschreibt, kann man in weiten Teilen des Kulturbetriebs heute gar nicht mehr bestehen.” Besonders stark sei dies im Bereich der bildenden Kunst ausgeprägt.

Er empfinde es als beunruhigend, wenn Kritik oder Widerspruch – “und sei es nur als Empathie mit Opfern” – als Störung oder Beleidigung empfunden werde, erklärte Gass. “Wenn nur noch Kulturkonvente bestehen, die gemeinsame Gesinnungen teilen, haben wir ein echtes Problem.”

Bei aller Anerkennung von Ansprüchen auf Teilhabe gelte: “Mittlerweile werden derart viele Teilhabeansprüche an Kultur gerichtet, die einfach nicht mehr künstlerisch begründbar sind und widerspruchsfrei eingelöst werden können.” Dies beobachte er auch in Oberhausen, wenn zum Beispiel die Legitimität von Wettbewerben infrage gestellt werde, so der Festivalleiter: In Auswahlgremien die ganze Komplexität einer Gesellschaft abbilden zu wollen, sei ebenso unmöglich wie bei durchschnittlich 7.000 Einreichungen im Jahr jede Ablehnung zu erklären.